An Vorfreude mangelte es bei diesem Line-Up also nicht – doch wie lief das Festival nun ab? Schafft es der „neue“ Veranstalter DreamHaus bei der dritten Ausgabe, eine „fast Großstadt“-Meute zufriedenzustellen, oder müssen wir uns in den Foren wie immer die üblichen Kritikpunkte anhören? Reflektieren wir doch mal die letzten 72 Stunden.
Secret Headliner: Das Wetter
Was soll man da noch groß sagen? Gott ist anscheinend auch in der 2024er Ausgabe ein Ringrocker und hat Lust auf Rock (am Ring)! Anfang der Woche gab es noch Bedenken wegen starker Regenfälle, doch diese Sorge wurde von Tag zu Tag kleiner durch perfektes, trockenes Wetter – einzig gegen die vielen Sonnenstunden brauchte es dann halt Sonnencreme, aber diese nimmt man doch dankend an, statt im Schlamm zu campen (Grüße an Wacken gehen raus). Generell fühlte sich die Anreise dieses Jahr weniger chaotisch an als bei den letzten Ausgaben, was vor allem an gut geschultem Personal vor Ort und entsprechenden alternativen Routen zum Lieblingsplatz lag. Auch wurde früh genug an wichtigen Stellen reagiert, um bei Bedarf viel befahrene Straßen zu sperren, sodass die generelle Gefahrenstufe für Besucher deutlich verringert wurde – aber dazu später mehr.
Von 0 auf 100 in drei Takten
Noch bevor überhaupt die erste Band auf der Bühne stand, war der Andrang am Haupteingang riesig – zurecht! Bereits zum Start gab es ein vielfältiges Programm für jedermann. Ob taktvoll zu Querbeat auf der Utopia Stage, dem wilden Pop-Punk von Indecent Behavior auf der Orbit Stage oder den Metalcore-Helden von Fit For A King auf der Mandora Stage – überall nur Banger und dennoch verschieden genug, um alle Geschmäcker zu bedienen. Generell herrschte am Freitag eine besondere Stimmung in der Luft – eine Mischung aus Euphorie und dem „Es geht endlich wieder los!“-Gefühl! Egal, wie man den Tag anfing, man wusste ziemlich sicher, dass man abends in der Crowd bei Beartooth oder den Ärzten auch das letzte bisschen Stimme aus sich herausbrüllen kann. Doch auch tagsüber gab es allerlei Highlights! Sei es der riesige Andrang bei Skindred auf der kleinsten Bühne, der Slayer-Legende Kerry King auf der Mandora ziemlich alt aussehen ließ, oder Royal Blood auf der Utopia Stage, die ihrem Slot mehr als gerecht wurden – überall herrschte 120% Festivalstimmung! Einzig und allein Queens Of The Stone Age hatten nicht gerade den besten Tag und beendeten ihr Set sogar vorzeitig aufgrund des Desinteresses der wahrscheinlich 40.000 Zuschauer vor der Bühne, die nur darauf warteten, endlich die Ärzte mit ihrer exklusiven Festivalshow zu sehen. Leider war der Co-Headliner auf der Hauptbühne bei diesem Line-Up eindeutig der falsche Slot für die Band – das hatten wir doch schon 2012 bei Soundgarden direkt vor Linkin Park erlebt. Man nimmt es aber an diesem Tag nicht so ernst – vor allem wenn dann endlich BelaFarinRod die Bühne entern und mit Charme und dem einen oder anderen guten Song für Stimmung sorgen. Wer nach diesen Shows schon ans Zelt dachte, verpasste ein optisches Highlight, wie es nur selten am Ring zu sehen ist – die neue bombastische Live-Show von Avenged Sevenfold kann man nicht in Bildern erklären – hier wurde sich ganz klar an Ikonen wie Tool orientiert und das Konzept erfolgreich in A7X-Manier umgewandelt und abgeliefert! Nach so viel Power am ersten Tag ist es nur schwer vorstellbar, dass wir erst ein Drittel des Festivals erlebt haben.
Headliner schon zum Nachmittag
Natürlich denken auch die Veranstalter von DreamHaus an das Wohl der Ringrocker und starten den Samstag im Vergleich zum Freitag knapp 40 Minuten später, das sollte ausreichen, um wieder auf die Beine zu kommen! Mit Against The Current auf der Utopia Stage gab es auch direkt zum Start ein internationales Schwergewicht, welches den frühen Gang zum Gelände absolut lohnenswert machte. Die beiden Hauptbühnen hatten am Samstag einen ordentlichen Wechsel zu verbuchen – wo es mit 311 oder The Interrupters noch sehr Ska-lastig bzw. rockig startete, wandelte sich das Line-Up im Laufe des Tages immer mehr dem Metal zu, bis schließlich Szene-Durchrüttler à la Electric Callboy bzw. Babymetal für eine wilde Party auf beiden Bühnen sorgten. Zum Auftritt von Electric Callboy sei an dieser Stelle gesagt, dass dieser ähnliche Vibes hatte wie Maneskin vor zwei Jahren zu einer ähnlichen Zeit und man im Hinblick auf das Line-Up 2024 merkt, wo die Reise hingeht – wir sind auf das Booking 2026 gespannt, liebes DreamHaus-Team! Doch auch Hollywood macht keinen Halt vor Rock am Ring und so beehrte uns Keanu Reeves zum Glück nur mit Bass bewaffnet zusammen mit seiner Band Dogstar – eine willkommene Abwechslung zwischen bekannten Größen wie Billy Talent, Broilers oder den Donots, welche dem Ring-Publikum schon lange keine Unbekannten mehr sind, aber dennoch natürlich gefeiert werden. Gerade letztere machen hierbei den Hosen, welche den Ring zu ihrem Wohnzimmer erklärt haben, beste Konkurrenz! Dass zwischen all den Bands dann noch Platz für das internationale Schwergewicht Green Day ist, kann man kaum glauben! Doch auch wenn es erst zwei Jahre her ist, seit ihrem letzten Besuch, hat die Truppe rund um Billie Joe Armstrong das Publikum genauso gefesselt und zum Pogen gebracht wie damals. Wem das alles nach dem bombastischen Freitag etwas zu viel war, konnte sich bei Marsimoto auf der Mandora Stage als Ersatz für Bad Omens immerhin etwas erholen. Zwar kein passender Ersatz für die Metalcore-Giganten aus den Staaten, aber ein umso perfekterer Kontrast zum restlichen Line-Up.
Feuriges Finale
Nicht nur die Acts am Sonntag versprechen eine ordentliche Pyroshow, sondern auch das Wetter spielt sonniger denn je einfach mit. Schon in der brühendsten Mittagssonne konnten sich die Ringrocker zu Acts wie Atreyu oder Of Mice & Men „aufwärmen“ und letzte Wanderungen zwischen den Bühnen und dem dazwischen liegenden Luna Park unternehmen. Trotz des geladenen Programms wirkte der Sonntag zwar bequem, aber nicht lahm oder gar ausgebremst. Klar liegen zwei wirklich großartige Tage hinter uns und jeder auf dem Gelände oder auf der Bühne hat entweder bereits bei Rock im Park gespielt oder eben zu 50 anderen Bands getanzt, doch hier wird durchgezogen! Mit Leoniden oder Madsen auf der Hauptbühne ist allemal für Unterhaltung gesorgt und wer es noch etwas lauter möchte, kann bei While She Sleeps oder Landmvrks nochmal auf 180 gehen, wohl wissend, dass der Abend keine Schonung zulässt – auch nicht am letzten Tag. Ob bei Kraftklub mit K oder dem Inferno von Machine Head – beide Bands ließen keinen Platz für Pausen und verlangten stimmlich als auch körperlich nochmal alles ab, was man geben konnte. Gehalten wurde dieses Niveau sowohl bei Maneskin als auch Corey Taylor später, wobei man als Highlight des Tages durchaus die Bestätigung des Slipknot-Frontmannes erwähnen kann, welcher zum Jubiläum 2025 mit seiner Kult-Band den Ring erneut entflammen wird. Wo wir gerade von Feuer sprechen: Parkway Drive haben in einem tobenden Finale wirklich alles abgebrannt, was nicht bereits durch das perfekte Sommerwetter der letzten Tage verbrannt war. So ein Finale kann sich sehen lassen!
Alles im Griff bei DreamHaus
Generell schaffte es DreamHaus spätestens im dritten Versuch, an allen Stellschrauben zu drehen, die in den letzten Jahren (schon vor der Übernahme) kritisiert wurden. Um das Gelände herum hat ein gut organisiertes Team alles im Griff gehabt, der Einlass am Eingang und an den Bühnen funktionierte reibungslos und größere Ausfälle konnte man schon gar nicht verbuchen. Auch im Punkt Sicherheit feiert Rock am Ring Höchstleistungen: Mit gerade einmal 450 Einsätzen und 3500 Behandlungen im Sanitätszelt war 2024 die Ausgabe mit der geringsten Versorgungszahl, die jemals stattfand – chapeau DreamHaus! Auch die Versorgung durch Leitungswasser oder die Sanitäranlagen stockte zu keiner Zeit und ermöglichte einen reibungslosen Ablauf.
Kein Platz für Verlierer
Zwar liegt es uns eigentlich fern, politische Aktivitäten oder Beiträge auf einem Musikfestival zu begrüßen, doch auch wir ziehen unseren Hut vor der Aktion der Donots, welche ihren Ärger über die Europa-Wahlen und die daraus resultierende Stärke ungeiler Parteien lauthals Luft machten, indem sie noch einen Secret Gig zwischen Wanda und Kraftklub hinlegten. Mittelfinger und Fäuste hoch für ein demokratisches Land, in dem jeder willkommen ist – das gilt vor allem auch am Ring! Zudem konnte DreamHaus unter tobendem Jubel die Jubiläumsausgabe 2025 ankündigen und bereits mehr als 30.000 Tickets in den ersten 24 Stunden verbuchen. Nach einem so positiven Bilderbuch-Festival wie 2024 mehr als verdient! Wir sagen vielen Dank für diesen wunderschönen Kurzurlaub und auf bald!