Zugegeben, das Karriereziel „einmal ein Stadion ausverkaufen“, steht wohl bei vielen Bands oben auf der Liste, erreichen tut es jedoch nur ein Bruchteil. Seit dem Wochenende gesellen sich nun drei weitere Herren zu dieser oberen Liga. Vor dem ausverkauften Rheinenergiestadion präsentierten AnnenMayKantereit am vergangenen Samstag, 9. September, ein emotionales Feuerwerk bei schnuckeligen Spätsommertemperaturen um die 30 °C vor rund 40.000 Menschen. Man liest es schon raus: Die Rahmenbedingungen für ein Open-Air-Konzert Anfang September könnten schlechter gewesen sein. Als gegen 19 Uhr am Samstagabend Friedberg die Bühne betreten, sind die Ränge noch eher spärlich gefüllt, so richtig warm werden will das Publikum mit der Indieband aus Österreich und UK auch nicht.

Schlagartig besser wird die Stimmung dann, als Henning May das Publikum mit „Tut gut wieder hier zu sein“ begrüßt. Mit ihm auf der Bühne seine beiden Bandkollegen Christopher Annen und Severin Kantereit, ebenso wie Live-Bassistin Sophie Chassée. Schnell packt die Bands die ersten Hits wie „Wohin du gehst“ und „Nur wegen dir“ aus, erst zu „Pocahontas“ entfacht das vollgepackte Kölner Stadion allerdings seine ganze Wucht. Wenn über 40.000 Menschen gleichzeitig über die verlorene Liebe brüllen, bleibt eine Gänsehaut wohl unvermeidbar. Auch auf der Bühne sind die Emotionen unverkennbar – schon nach den ersten Tönen stehen alle vier mit breitem Grinsen vor dem Rheinenergiestadion, das sie so schnell auch nicht mehr aus ihrem Gesicht kriegen. Die gute Laune ist ansteckend, auch im Publikum scheint niemand auch nur ansatzweise eine schlechte Zeit zu haben.

Aber da so eine Bühne für vier Personen doch ganz schön groß ist, holen sich AnnenMayKantereit kurzerhand acht weitere Personen als Unterstützung: Trompeten, Posaune, Saxofon, Geigen, Bratsche und Cello sorgen anschließend für eine musikalische Untermalung der besondere Art. Schon auf ihrer Clubtour im letzten Jahr hatte die Band das Ensemble in Teilen dabei, für die diesjährige Sommertour wurde es nun ausgeweitet. Das Konzert in Köln an diesem Abend schließt nicht nur die Sommertour der Band ab, sondern auch das Konzertjahr der Band. Und welchen besseren Abschluss könnte es geben, als im zwölften Bandjahr das Stadion in der Heimatstadt auszuverkaufen? Da die Bühne alleine der Band dann doch nicht ausreicht, verschlägt es sie kurzerhand auf die B-Stage inmitten des Publikums, auf der sie neben „Ozean“ und „Als ich ein Kind war“ auch die Akustik des Stadions austesten und ein Cover vom Höhner-Klassiker „Viva Colonia“ und einen kurzen Teaser zu „Tommi“ präsentieren, zu dem sie alle Anwesenden auffordern mal aus tiefster Seele mitzusingen. Mit Erfolg.

 

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Wieder zurück auf der Bühne wird auch schon das vorläufige Ende des Abends eingeleitet, natürlich nicht ohne das Publikum mit „Jenny Jenny“ und „Ich geh heut nicht mehr tanzen“ nochmal zum ordentlichen Bewegen anzuregen. Unter tosendem Applaus verlässt die Band anschließend erstmalig die Bühne und der Vorhang wird geschlossen. Alles nur Show natürlich, denn wenige Minuten später, nach zahlreichen Zugabe-Rufen taucht Henning May solo wieder auf der Bühne auf und spielt „Barfuß am Klavier“, direkt gefolgt von „Schmetterling“. Letzteren hat May seinen Angaben zufolge extra für das heutige Konzert geschrieben und will ihn auch nur heute, sonst nie wieder spielen.

Der Vorhang schließt sich erneut, bevor natürlich noch einmal die gesamte Band erscheint und zuerst ein Zarah Leander-Cover von „Nur nicht aus Liebe weinen“ spielt, bevor endlich das lang ersehnte „Tommi“ seinen ganz eigenen Köln-Moment erleben darf. Wer denkt, dass es das jetzt gewesen ist, der täuscht sich: zum krönenden Abschluss werden auch alle Gastmusiker:innen erneut auf die Bühne gebeten und ganz Köln (zumindest 40.000 von ihnen) werden zum „Ausgehen“ gebeten. Nichts lieber als das.

Foto: Nicola Drilling

Nicola

Nicola

Die Indie-Ansprechpartnerin eures Vertrauens, häufiger auf Konzerten als in der Uni zu finden, besteht zu 90% aus Tee, meistens mit Kopfhörern in den Ohren, professionelle 1. Reihe Sprinterin.

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