Wer Anfang der 2000er in der Skatepunk Szene unterwegs war, kam mit großer Wahrscheinlichkeit am damals frischen, positiven und aufbauenden Sound von Good Charlotte nicht vorbei. Wo das gleichnamige Debüt zwar als Erfolg galt, schlug der Nachfolger The Young & the Hopeless (welche auch auf aktuellen Good Charlotte Platten gerne mal thematisiert werden) alle Rekorde und beschwert der Band bis heute die verdiente Aufmerksamkeit.
Was sich damit 2002 in Amerika wie ein Lauffeuer verbreitete, zog spätestens 2004 nach Europa als die Band The Chronicles of Life and Death und den damit verbundenen ersten deutschen Charterfolg in Form von I Just Wanna Live (wir erinnern uns an diesen Refrain, den gefühlt kein Mann richtig singen konnte) hierzulande ein – Good Charlotte waren aus der damaligen Skatepunk Szene nicht mehr wegzudenken.
Wir haben uns mit Gitarrist Billy Martin auf der laufenden Generation Rx Tour mal auf einen aktuellen Zwischenstand unterhalten und mit ihm Themen wir die Vergangenheit, Sport oder der generellen Generation Rx unterhalten – viel Spaß bei diesem Interview.
Gringoz: Hey Billy, ihr seid momentan in Paris auf eurer großen Generation RX Tour – wie ist die Lage vor Ort?
Billy: Super, wir sind erst eben hier angekommen, haben aber bereits vor ein paar Jahren hier im Zenith gespielt und freuen uns natürlich darauf, mit den neuen Songs hier einen Tourstop einrichten zu können.
Gringoz: Wir sind uns verdammt sicher, dass das Publikum sich genauso auf euch freut. Ihr befindet euch ja gerade mitten auf eurer groß angelegten Generation RX Tour, genauer gesagt nach den Staaten ist jetzt Europa dran – wie ist die Stimmung aktuell zwischen den ganzen Konzerten?
Billy: Aktuell hält sich die Stimmung wirklich gut. Wir waren ja lange Zeit eher ausgebrannt von den ganzen Touren und haben uns eine längere Pause gegönnt, bevor wir vor drei Jahren wieder aktiv als Good Charlotte fungierten. Die Energie und Leidenschaft, welche wir während der Pause gesammelt haben hält bis heute an und hält damit auch unsere Stimmung auf einem hohen Level. Es ist auch nicht selbstverständlich, dass nach so einer Pause das Interesse und das damit verbundene Publikum größer denn je ist, das macht uns natürlich auch glücklich, dass nach all den Jahren wir immer noch treue Fans haben, welche gerne unsere Shows besuchen.
Gringoz: Nach über 20 Jahren Tourkenntnis habt ihr sicherlich gute als auch schlechte Erfahrungen gemacht, gibt es da den ein oder anderen Rat, welchen du dir selber am liebsten damals mitgegeben hättest aus heutiger Sicht?
Billy: Ich glaube, dass gerade diese Erfahrung von heute aus den eher schlechten Entscheidungen der Vergangenheit entstanden sind, wodurch man diese nicht auslassen sollte. Ich glaube etwas sehr wichtiges auf so langen Touren ist es, etwas ganz alltägliches wie ein Hobby mit der Tour zu verbinden, du bist ständig umgeben von anderen Menschen, nie bis selten für dich und da brauch man einfach eine Kleinigkeit, welche den Geist ein Stückchen näher an die eigenen vier Wände bringt. Das macht das viele reisen einfacher, man wirkt selbst nicht so gestresst und entspannt.
Gringoz: Wir würden das wahrscheinlich keine 10 Tage aushalten, aber genau deshalb sind wir ja auch keine Musiker.
Billy: Ab und zu brauchen wir ja auch mal einen DayOff, um wieder runterzukommen, das ist absolute wichtig. Man hat dann quasi als Crew einen Urlaubstag mitten in einer anderen Stadt, ist nicht so auf die Arbeit fokussiert sondern eher mit Freunden unterwegs – anders könnte ich mir eine Tour auch nicht vorstellen.
Gringoz: Habt ihr auf Tour eigentlich die Möglichkeit, andere Sportereignisse weiterhin zu verfolgen wie zum Beispiel den letzten Superbowl – während dieser stattfand wart ihr ja gerade unterwegs von Italien nach Deutschland. Oder hast du dahingehend keine Interessen?
Billy: Ich bin ein großer NBA (Basketball) Fan und wegen der Zeitverschiebung finden die meisten Spiele nach unseren Konzerten statt, dadurch bin ich da glücklicherweise nicht eingeschränkt, komme aber etwas später zum schlafen, was aber vollkommen okay ist.
Gringoz: Kommen wir nochmal auf den Superbowl zurück – stell dir vor ihr würdet die legendäre Halbzeit Show als Band spielen können – gäbe es da irgendwas verrücktes oder ein Statement, was ihr setzen wollen würdet?
Billy: Der Druck im Superbowl spielen zu dürfen wäre natürlich verdammt hoch für uns. Aktuell fällt mir da auch ehrlich gesagt nichts ein aber ihr habt vollkommen recht, irgendwas cooles müsste dann von unserer Seite aus kommen – wir lassen uns was einfallen.
Gringoz: Kommen wir mal zum Album- und Tournamen . Was genau hat es denn mit der Generation Rx auf sich?
Billy: Das wird weitläufig glaube ich falsch verstanden hierzulande. Rx steht hierbei nicht für Rockx (oder Rocks), sondern wird gerade in Amerika umgangssprachlich genutzt, um die Einnahme von Medikamenten, die der Arzt dir verschreibt, zu beschreiben. Heutzutage ist so ziemlich alles, womit ein Jugendlicher zu Kämpfen hat durch irgendwelche Medikamente zu kurieren laut allen Experten da draußen und komischerweise gibt es so viele Fälle von Depressionen und anderen Krankheitsbildern, dass es kaum vorzustellen ist, wie man früher ohne diese ganzen ärztlichen Auskünfte zurecht kam. Und gerade weil gefühlt jeder Teenager irgendwo mit etwas zu kämpfen hat, was ein Arzt mit Medikamenten behandeln will, haben wir das ganze Generation Rx genannt.
Gringoz: Denkst du denn, der Druck auf die heutige Jugend ist höher, als vor ein paar Jahren?
Billy: Ich glaube nicht, dass der Druck auf die Teenager höher ist, sondern dass Ärzte sich einfach dazu genötigt fühlen, eine Heilung für ihre Patienten zu finden und da wird dann etwas leichter mit Rezepten umgegangen, als es früher der Fall ist. Wir wollen diese Umgangsweise auch nicht hervorheben oder dem zusagen, aber ich denke es ist wichtig, dass wir diese Generation offen thematisieren und unsere Texte sich daran richten. Wir haben auf dem aktuellen Album uns inhaltlich nicht wirklich verändert, sondern eher den emotionalen Part über Schmerz und Lifestyle auf genau dieses Thema bezogen.
Aber grundsätzlich denke ist, dass es keine gute Sache ist, wenn ein Kind zwischen 11 oder 13 Jahren durch Medikamente geistig beeinflusst wird und diese es dann vielleicht sogar noch abhängig machen.
Gringoz: Ihr habt das aktuelle Album nur wenige Monate nach dem Ende der letzten Tour veröffentlicht, wie kam es dazu? Gingen die ganzen Aufnahmen aufgrund der Kreativität eurerseits so schnell über die Bühne oder entstand Generation Rx schon auf der letzten Tour halbwegs?
Billy: Normalerweise entsteht so ein Flow ja durch das Management oder Reocrd Label, welches einen strickten Zeitplan für Tour und Album vorgibt, in unserem Fall ist es glücklicherweise ja so, dass wir da komplett unabhängig sind durch unser eigenes Label und uns diesen Zeitplan für uns aus freien Stücken so eng geschnitten haben. Der Vorgänger von Generation Rx ließ 4,5 Jahre auf sich warten und nach unserem Comeback war es uns einfach wichtig, dass wir den Fans klar vermitteln, dass wir wieder voll da sind und da war es für uns die beste Entscheidung direkt einen Nachfolger draufzulegen um den Fans auf keinen Fall den Eindruck vermitteln zu wollen, dass wir nach Youth Authority jetzt ewig mit diesem Set touren.
Gringoz: Gibt es denn auf dem aktuellen Album einen Song, der dir besonders gefällt? Uns als Redaktion hat ja Cold Song umgehauen und eine Gänsehaut hervorgebracht.
Billy: Das ist ein verdammt guter Song. Ich persönlich finde Shadowboxer wirklich gelungen, man versucht jedes mal im Studio natürlich etwas zu schaffen, was sich vom bisherigen Stoff abhebt, sei es jetzt härter, düsterer oder ganz was anderes. Die Atmosphäre in Shadowboxer ist für mich dunkler als bei jeden anderen Good Charlotte Song und genau diese Option hebt nochmal hervor, wie gut es ist, dahingehend unabhängig zu sein. Wir hatten überhaupt keinen Druck durch ein Label und konnten diesen und all die anderen Songs nach freien Stücken entwickeln. Ich denke dadurch wurde Generation Rx auch genau das Album, was wir haben wollten.
Gringoz: Gibt es für dich persönlich das ein oder andere Projekt, ganz egal ob jetzt musikalisch oder nicht, welches du gerne in der Zukunft angehen willst?
Billy: Ich selbst bin ein großer Tierfreund und setze mich regelmäßig für größere Organisationen in Kampagnen ein und werde dies auch weiterhin tun. Damit bin ich sehr zufrieden, setze mir aber jetzt nicht das Ziel soundso viele Menschen mit meiner Meinung zu bekehren, ich denke wenn man das erzwingt, ist es keine eigenständige Entscheidung und verfälscht das Ergebnis zu sehr. Andere Projekte habe ich gerade nicht wirklich in Aussicht.
Gringoz: Zum Schluss noch was ganz wichtiges: Gibt es nach der Tour schon Pläne, wann ihr euch wieder in Europa blicken lasst? Ihr wisst hoffentlich, dass eure Fanbase euch hier stets vermisst, wenn ihr wieder über den großen Teich fliegt.
Billy: Europa gehört eindeutig zu unseren liebsten Tourstationen und wir genießen es wirklich immer sehr, hier spielen zu dürfen. Auch die nächsten Stops haben wir schon auf dem Radar, dazu kann ich natürlich nicht allzu viel sagen aber wir versuchen natürlich, möglichst früh wieder hier spielen zu dürfen, wenn es geht sogar schon im Winter.
Damit bedanken wir uns herzlichst bei Billy Martin für dieses unterhaltsame Interview und freuen uns schon auf die nächsten Shows – vielleicht ja auch schon wieder mit einem neuen Album, wer weiß.