Wer Killswitch Engage und As I Lay Dying ald die Vorreiter des Metalcore betrachtet, hat auch sicherlich die goldene Ära von All That Remains erlebt, denn diese Jungs liefern nicht nur seitdem regelmäßig saubere Platten ab, sondern schaffen es auch ohne Pause zu funktionieren. Der erste Dämpfer erfolgte leider am 17. Oktober 2018, als Gründungsmitglied und Gitarrist Oli Herbert verstarb.
Doch selbst das hielt die Jungs aus Massachusetts nicht davon ab, wenige Wochen später die geplante Europa Tour zu spielen. Wir haben uns mit Gitarrist Mike über einige dieser Geschehnisse unterhalten und möchten euch dieses Interview wärmstens empfehlen.
Gringoz: Hey Mike, vielen Dank für dieses Interview, wie geht es euch gerade?
Mike: Ziemlich durchwachsen aber grundlegend gut – All That Remains genossen auf eine etwas negative und dämpfende Art ja etwas Berichterstattung vor dieser Tour, doch wir sind froh hier zu sein und spielen zu dürfen.
Gringoz: Respekt, dass ihr so offen darüber reden könnt – was genau treibt euch nach dem Ableben von Oli dazu an, diese Tour trotzdem zu spielen?
Mike: Eigentlich das selbe wie sonst auch, die Fans und eben jene, denen wir unser Tun verdanken live zu unterhalten und zu erleben. Du siehst hinter einem neuen Album nicht viel von denen, die es wirklich unterstützen und eine Tour ist die beste Möglichkeit, das nachzuholen. Zudem haben ja nicht nur wir mit dieser Meldung zu kämpfen, sondern viele Fans haben gerade auf Facebook und Instagram ihr tiefstes Mitgefühl ausgesprochen was uns dazu brachte zu sagen „Hey, wir können die Tour nicht ausfallen lassen, sondern müssen mit diesen Menschen zusammen interagieren“. Es bringt nichts, wenn jeder für sich Trauer überwinden muss. Wir haben alle den selben Verlust.
Gringoz: Wahre Worte. Dazu zählte Oli ja auch zu den präsenteren Menschen auf der Bühne.
Mike: Er liebte die Touren und hing teilweise öfter nach einem Gig vor der Bühne, als im Backstage – die Fans waren sein persönlicher Ausstieg von allem schlechten, er machte es sich zur Bestimmung, andere glücklich zu machen. Die Aufmerksamkeit der Fans hat er voll verdient.
Gringoz: Kommen wir doch zum Nachruf von Oli in Form eures aktuellen Albums Victim of the New Disease – wie fühlt es sich an, diese Platte endlich im Laden stehen zu haben?
Mike: Sehr gut – die Tage und Wochen davor war es komisch, die letzte Platte zusammen mit Oli bereits zu kennen, obwohl diese noch nicht wirklich da ist für die große Masse. Das war bis dahin so unwirklich. Auch fingen die ganzen Vorbereitungen für die Tour eine Woche vorher erst an wodurch wir ziemlich lange aus diesem Bandalltag draußen waren um für uns selbst zu sein. Das tat gut, aber wir sind wie gesagt froh genau hier zu sein.
Gringoz: Wie klingt die aktuelle Platte speziell für dich?
Mike: Das ist immer eine sehr schwere Frage. Ich denke sie klingt genau wie erhofft – für Fans haben wir hoffentlich eine gute Mitte gefunden, zwischen unserer gesamten Diskographie, da gerade die letzten Platten etwas ruhiger wurden.
Gringoz: Was ist dein persönliches Highlight auf der Platte?
Mike: Eindeutig der Song Wasteland – er hat einfach diese Oldschool Touch und stammt zudem aus meiner Feder, daher hab ich natürlich eine spezielle Bindung zu diesem Song – auch live ist das aktuell denke ich der Part der Show, wo ich am meisten in Aktion bin.
Gringoz: Du bist also der Kerl für di härteren Sachen in der Band?
Mike: Nein zum Glück nicht (lacht). Ich glaube wir können es durchaus als Stärke bei uns aufzählen, dass jeder mal ruhigere oder lautere Aspekte in der Musik beiträgt, da kommt nie Langeweile auf.
Gringoz: Das heißt das nächste Album könnte wieder in eine komplett andere Richtung gehen?
Mike: Ausschließen kann man das Gott sei Dank nicht.
Gringoz: Wie wäre es mal mit Folk Einflüssen?
Mike: Ich glaube das wäre neben Ska Punk das Genre, welches am wenigsten zu uns passt (lacht). Wir werden es sehen. Wir experimentieren auch aktuell viel mit unseren bestehenden Songs in einer Akustik Version herum, vielleicht hört man da in nächster Zeit noch etwas von uns, wer weiß.
Gringoz: Das macht uns fast Angst, aber eine Akustik Version von eurem Hit This Calling wäre bei uns sofort in der aktuellen Playlist auf Dauerschleife!
Mike: Und genau so muss es sein! Alles in Genres zu verpacken oder als Soft / Heavy abzutun ist absoluter Schwachsinn. Viele Bands haben mit solchen Stempeln zu kämpfen und Alben werden oft in Kapiteln betrachtet – bestes Beispiel hierzu ist Metallica mit St. Anger – das Album war wirklich gut, wird aber heute als negativ eingestuft wegen der komplizierten Bandsituation damals – dabei geht’s hier um die Musik.
Gringoz: Ein aktuelles Beispiel hierzu wären ja die musikalischen Kollegen von As I Lay Dying – wie stehst du dazu?
Mike: Kaum einer will seine Meinung dazu sagen, weil man so oder so verloren hat. Entweder stichst du den Menschen in den Rücken, mit denen du so manche Shows und Abende schon gespielt hast oder aber du hast ein total beschissenes Weltbild – so sehen es die Leute da draußen. Ich persönlich bin immer für den Weg der Vergebung und höre dort auf meinen Instinkt – wenn ich jemanden sehe, der seine Taten bereut, aber offen dazu steht und sich anprangern lässt, dann denke ich, dass dieser Mensch wirklich Buße tut und das bereut – dadurch sollte man auch Vergebung erfahren. Jeder macht Fehler und bittet irgendwann um Vergebung.
Gringoz: Wie sieht es denn für das restliche Jahr 2019 aus?
Mike: Das sieht alles ziemlich nach Alltag aus, wir spielen direkt zwei verschiedene Touren hintereinander in Amerika um anschließend Festivals im Sommer zu bespielen. Dahingehend sind wir schnell wieder im Sattel und machen genau das, was andere Bands auch tun.
Gringoz: Gibt es dort auch Aussichten auf Festivals in Europa?
Mike: Leider nicht – aktuell kann man dazu auch noch nicht viel sagen, aber vielleicht bringt der Herbst uns ja nochmal hier rüber.